Arbeitsrecht bei Betriebsübergang in den Niederlanden
Ich habe regelmäßig deutsche Mandanten, die Interesse daran haben, ein niederländisches Unternehmen zu übernehmen. Aus arbeitsrechtlicher Sicht kann eine solche Übernahme in den Niederlanden verschiedene Hürden mit sich bringen, bereits angefangen beim Betriebsübergang bei Kleinunternehmen. Die wichtigsten Punkte eines niederländischen „overgang van onderneming“ skizziere ich in diesem Blogbeitrag.
Wann gilt ein Betriebsübergang?
Als erstes steht die Frage im Raum, welche Geschäftsbereiche vom Unternehmen übernommen werden. Soll das Unternehmen komplett übernommen werden oder nur einzelne Geschäftsbereiche?
Dies ist wichtig für die Beurteilung, ob ein „Betriebsübergang“ (ndl. overgang van onderneming) vorliegt. Zusammenfassend liegt ein Betriebsübergang vor, wenn
- ein Unternehmen auf ein anderes Unternehmen übergeht, beispielsweise durch eine Veräußerung oder eine Vermögenstransaktion, und
- die Identität des verkaufenden bzw. insolventen Unternehmens erhalten bleibt.
Verpflichtungen nach der Firmenübernahme
Vor einer möglichen Firmenübernahme stellen sich insbesondere Arbeitgeber diverse Fragen. Wie sieht es mit einem Arbeitsvertrag nach Betriebsübergang aus? Was passiert nach dem Betriebsübergang mit den Mitarbeitern? Welche Auswirkungen hat der Betriebsübergang auf die Arbeitsplatzsicherheit?
Arbeitnehmerrechte Niederlande
Wenn die Transaktion als Betriebsübergang zu qualifizieren ist, dann ist die kaufende Gesellschaft grundsätzlich gesetzlich verpflichtet, alle Mitarbeiter des Verkäufers zu übernehmen, einschließlich aller Beschäftigungsbedingungen und angelaufenen Betriebszugehörigkeiten.
In dem Fall…
- gibt es keine Möglichkeit, um mit dem Mitarbeiter neue Arbeitsbedingungen zu vereinbaren.
- Ausnahmen bestehen, wenn jene Vereinbarungen die Arbeitsbedingungen des Arbeitnehmers verbessern.
Ausnahmen
Wenn kein „Übergang von Unternehmung“ vorliegt, dann kann die kaufende Gesellschaft einigen Arbeitnehmern, die man vielleicht schon übernehmen möchte, neue Arbeitsverträge mit anderen Anstellungsbedingungen anbieten. Dies ist aufgrund des folgenden Rechtskonzepts der sukzessiven Arbeitgeberschaft aber schon begrenzt.
Sukzessive Arbeitgeberschaft
Der Umstand, dass von einem Betriebsübergang nicht die Rede ist, bedeutet jedoch nicht, dass die zu übernehmenden Mitarbeiter alle ihnen bei dem alten Arbeitgeber zustehenden Rechte verlieren.
Grundsätzlich liegt in einer solchen Situation eine sogenannte „sukzessive Arbeitgeberschaft“ vor. Die wichtigste Konsequenz einer sukzessiven Arbeitgeberschaft ist, dass die Anzahl der Dienstjahre beim bisherigen Arbeitgeber grundsätzlich für den neuen Arbeitgeber mitzählt.
Dies hat unter anderem Einfluss auf…
- die Kettenregelung,
- die Probezeit,
- die Kündigungsfrist und
- die Höhe der Abfindung (gesetzliches Übergangsgeld).
Diese Aspekte werden wir im Folgenden näher erläutern.
Kettenregelung
Die Kettenregelung ist die gesetzliche Regelung, die festlegt, wie viele befristete Arbeitsverträge nacheinander abgeschlossen werden dürfen, bevor ein unbefristeter Arbeitsvertrag entsteht.
Als Hauptregel gilt:
- Innerhalb von drei Jahren dürfen maximal drei befristete Verträge hintereinander abgeschlossen werden,
- mit dem vierten Vertrag oder am Tag nach Ablauf der Dreijahresfrist entsteht automatisch ein unbefristeter Arbeitsvertrag.
Mit Berücksichtigung der sukzessiven Arbeitgeberschaft kommen folgende Konventionen noch dazu:
- Nun zählen auch die Arbeitsverträge und Dienstjahre bei dem ehemaligen Arbeitgeber mit in die Kette.
- Soweit ein übernommener Mitarbeiter länger als drei Jahre bei dem Unternehmen auf Verkäuferseite beschäftigt ist, bestehen für das Unternehmen auf Käuferseite keine Optionen auf eine befristete Weiterbeschäftigung.
Abfindung Niederlande
Das gesetzliche Übergangsgeld bei Kündigung eines Arbeitnehmers errechnet sich nach niederländischem Recht grob aus der Anzahl der Dienstjahre eines Arbeitnehmers multipliziert mit einem Drittel seines zuletzt erzielten Gehalts.
Da in dieser Situation eine sukzessive Arbeitgeberschaft vorliegt, werden auch die Dienstjahre bei dem ehemaligen Arbeitgeber auf die Berechnung des Übergangsgeldes angerechnet. Das bedeutet, dass die Höhe der (individuellen) Abfindung nach Firmenübernahme im Hinblick auf einige schon langfristig tätige Arbeitnehmer sehr hoch sein kann.
Kündigungsfrist
Die sukzessive Arbeitgeberschaft hat auch Auswirkungen auf die gesetzliche Kündigungsfrist, die Sie als Arbeitgeber bei einer Kündigung einhalten müssen. Die Dienstjahre bei dem ehemaligen Arbeitgeber werden in die Berechnung der Kündigungsfrist eingerechnet. Grundsätzlich gilt, je länger das Arbeitsverhältnis, desto länger die gesetzliche Kündigungsfrist.
Probezeit
Schließlich wird in der Rechtsprechung häufig davon ausgegangen, dass keine neue Probezeit festgesetzt werden kann, wenn die Position des betroffenen Arbeitnehmers gleichbleibt. Eine Probezeitklausel kann nur wirksam vereinbart werden, wenn der Arbeitnehmer eine Tätigkeit ausübt, die andere Fähigkeiten und Verantwortlichkeiten erfordert.
Angrenzende Rechtsgebiete
Wir bei Damsté Advocaten - Rechtsanwälte - Notare sind eine Full-Service-Kanzlei. In Bezug auf Firmenübernahmen und Betriebsübergängen bieten wir folgende Services:
- Gesellschaftsrecht in den Niederlanden: Mergers & Acquisitions in den Niederlanden
- Arbeitsrecht in den Niederlanden
- Vertragsrecht in den Niederlanden
- Notariat
Fazit: Auswirkungen des Betriebsübergangs
Abschließend lässt sich festhalten, dass es (unter Berücksichtigung des oben erläuterten) nach einer Übernahme eines niederländischen Unternehmens eingeschränkt möglich ist, mit den übergehenden Mitarbeitern neue Arbeitsbedingungen zu vereinbaren. Dies muss jedoch im Einzelfall beurteilt werden.
Kontakt
Bei Fragen zum niederländischen oder deutschen Arbeitsrecht nehmen Sie gern Kontakt auf mit unserer Anwältin, Frau Irith Hoffmann, via hoffmann@damste.nl oder +31 630 5384 68.