Krankheit und Wiedereingliederung in den Niederlanden

Die Wiedereingliederung nach einem Krankheitsfall in den Niederlanden unterliegt ebenso wie in Deutschland dem nationalen Arbeitsrecht.  
Der kranke Arbeitnehmer - oder rechtlich ausgedrückt: Der arbeitsunfähige Arbeitnehmer und seine Wiedereingliederung sind nach wie vor Themen, die in der Personalführung oft vorkommen und zu vielen Gerichtsverfahren in den Niederlanden führen.

Krankheit und Wiedereingliederung

In der Praxis gibt es oft Diskussionen darüber, ob ein Arbeitnehmer wirklich krank ist oder ob er wieder an seinen Arbeitsplatz zurückkehren kann. Es gibt in diesem Teil des niederländischen Arbeitsrechts viele komplexe Regelungen, die bei diesen Diskussionen entscheidend sind.

 

Lohnfortzahlung bei Krankheit

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, seinem Arbeitnehmer während des Zeitraums, in dem er seine Arbeit aufgrund einer Krankheit nicht ausüben kann (ausgenommen Schwangerschaft), mindestens 70 % des maximalen Tageslohns für maximal 104 Wochen auszuzahlen. Diese Verpflichtung beginnt mit dem ersten Krankheitstag, es sei denn, es wurde mit dem Arbeitnehmer schriftlich vereinbart, dass die ersten beiden Krankheitstage vom Arbeitnehmer zu tragen sind (sogenannte "Wartetage").
Ob ein Arbeitnehmer tatsächlich krank ist, wird in den Niederlanden von einem Betriebsarzt festgestellt. Es ist aber auch möglich, dass ein Arbeitnehmer schwerer krank ist und vom Betriebsarzt als arbeitsunfähig eingestuft wird. Dies wird in der Regel als „situative Arbeitsunfähigkeit” bezeichnet und führt in den meisten Fällen zu einem Konflikt. In diesem Fall muss der Arbeitgeber das Gehalt des Arbeitnehmers weiterzahlen.

 

Genesung und Wiedereingliederung

Sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer sind verpflichtet, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, damit der Arbeitnehmer so schnell wie möglich wieder gesund wird und seine Arbeit (an seinem eigenen Arbeitsplatz) wieder aufnehmen kann. In diesem Sinne müssen sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer die gesetzlichen Verpflichtungen zur Wiedereingliederung einhalten. So müssen beide den Rat des Betriebsarztes befolgen, es muss ein gemeinsamer Aktionsplan erstellt werden, der Arbeitnehmer darf die Genesung nicht behindern und muss, wenn möglich, eine (vorübergehend) angepasste Arbeitsstelle oder eine geeignete Arbeit im Unternehmen (intern oder extern) annehmen. Gleichzeitig muss der Arbeitgeber die Initiative im Wiedereingliederungsprozess ergreifen, indem er Untersuchungen durchführt, eine geeignete Arbeitsstelle anbietet und falls der Arbeitnehmer diese geeignete Arbeit nicht annimmt, gegebenenfalls Lohnkürzungen verhängt. Ob eine Arbeitsstelle geeignet ist, hängt auch von den Einschränkungen des Arbeitnehmers, seinem Lebenslauf, seiner Ausbildung, der Entfernung zur Arbeit und der Höhe des Lohns ab.

 

Prüfung und Verlängerung

Ist der Arbeitnehmer nach 104 Wochen immer noch arbeitsunfähig, prüft das UWV (Institution für die Umsetzung der Arbeitnehmerversicherung), ob ausreichende Anstrengungen unternommen wurden, um die Wiedereingliederung zu ermöglichen. Ist dies nicht der Fall, kann das UWV dem Arbeitgeber eine Verlängerung der Lohnfortzahlung auferlegen. Die maximale Dauer dieser Verlängerung beträgt ein Jahr. Der Arbeitgeber kann gegen diese Entscheidung des UWV Einspruch einlegen.

 

Kündigungsverbot

Während der Krankheitsphase kann der Arbeitnehmer im Prinzip nicht gekündigt werden: Es besteht ein Kündigungsverbot während der Krankheit. Diese Frist beträgt höchstens 104 Wochen, es sei denn, es wurde bereits eine Lohnkürzung verhängt. Während dieses Zeitraums, auf den sich die Verlängerung der Lohnfortzahlungspflicht bezieht, bleibt das Kündigungsverbot ebenfalls in Kraft.

 

Genehmigung zur Kündigung des Arbeitsvertrags

Wird keine Verlängerung der Lohnfortzahlungspflicht verhängt, ist eine Genesung des Arbeitnehmers innerhalb von 26 Wochen nicht zu erwarten, kann die eigene Arbeit nicht in geänderter Form verrichtet werden und gibt es keine weiteren Möglichkeiten zur Wiedereingliederung, dann entfällt das Kündigungsverbot während der Krankheitsphase und der Arbeitgeber kann beim UWV eine „Genehmigung zur Kündigung des Arbeitsvertrags” beantragen.

 

Übergangsgeld

Wenn ein Arbeitgeber beschließt, den Arbeitsvertrag eines kranken Arbeitnehmers zu kündigen, ist er verpflichtet, dem Arbeitnehmer - nach Zahlung seines Gehalts für 104 Wochen - das gesetzliche Übergangsgeld zu zahlen. Auf der Grundlage der gesetzlichen Ausgleichsregelung kann der Arbeitgeber jedoch das gezahlte Übergangsgeld über das UWV zurückfordern. Damit wird verhindert, dass Arbeitsverträge mit kranken Arbeitnehmern - gerade wegen der Kosten - nicht gekündigt werden, sondern „ruhen”. Außerdem soll dadurch vermieden werden, dass Arbeitnehmer auf dem Rechtsweg versuchen, ihr „Kündigungsrecht” und damit ihren Anspruch auf Übergangsgeld doch noch zu erhalten.

 

Noch Fragen?

Die Anwälte von Damsté besitzen viel Erfahrung auf dem Gebiet des grenzüberschreitenden Arbeitsrechts. Wir beraten Sie gerne in arbeitsrechtlichen Fragen und Verfahren oder unterstützen Sie in Verhandlungen zum Thema Krankheit und Wiedereingliederung. Wenn Sie Fragen zu diesen Themen haben, wenden Sie sich gerne an einen unserer Anwälte für Arbeitsrecht.