Kündigung in den Niederlanden

Ein Arbeitnehmer mit einem unbefristeten Arbeitsvertrag in den Niederlanden kann nicht einfach gegen seinen Willen entlassen werden. Dies ist nur möglich, wenn ein triftiger Grund für die Entlassung vorliegt und eine Wiedereingliederung an einer anderen geeigneten Stelle innerhalb einer angemessenen Frist nicht möglich oder nicht vertretbar ist.

Die folgenden Kündigungsgründe sind durch das niederländische Gesetz definiert:

 

a.) Entlassung aus wirtschaftlichen Gründen

Einem Arbeitnehmer kann gekündigt werden, wenn ein wirtschaftlicher Grund vorliegt, der den Wegfall des Arbeitsplatzes des Arbeitnehmers erforderlich macht. Dieser wirtschaftliche Grund gilt aber nur für Insgesamt 26 Wochen. Sollte in dieser Zeit eine Stelle für die gleiche Position frei werden, muss diese dem entlassenen Arbeitnehmer wiederum angeboten werden. Dieser Grund ist also unabhängig von der Person oder der Arbeitsweise des Mitarbeiters.
 
Das UWV (Institut für Sozialversicherungen von Arbeitnehmern) entscheidet in erster Linie darüber, ob ein wirtschaftliches Bedürfnis vorliegt und ob ein bestimmter Arbeitnehmer kündigungsberechtigt ist. In Deutschland entscheidet dies meist das Arbeitsgericht. Das UWV nimmt eine Bewertung der wirtschaftlichen Notwendigkeit vor, die auf den Angaben des Arbeitgebers beruht: Der Handlungsspielraum des Arbeitgebers wird grundsätzlich respektiert.
 
Ob der richtige Arbeitnehmer für die Entlassung ausgewählt wurde, wird anhand des speziellen Aufteilungssystems beurteilt: ein System, das sicherstellt, dass die Entlassungen gerecht und über alle Altersgruppen innerhalb einer bestimmten Berufsgruppe verteilt sind. Der Arbeitgeber muss ebenfalls nachweisen, dass ein Arbeitnehmer, der für eine Kündigung in Frage kommt, intern nicht wieder eingestellt werden kann.
 
Schließlich ist die "Bedingung zur Wiedereinstellung" wichtig: Wenn der Arbeitgeber innerhalb von 26 Wochen nach Beendigung des Arbeitsvertrags aus wirtschaftlichen Gründen eine freie Stelle für dieselbe Position anbieten kann, muss er, wie bereits erwähnt, diese neue Stelle zunächst dem entlassenen Arbeitnehmer anbieten.
 

b.) Entlassung wegen langfristiger Krankheit

Ein Arbeitnehmer in den Niederlanden kann auch gekündigt werden, wenn er länger als zwei Jahre arbeitsunfähig war und es absehbar ist, dass er innerhalb von 26 Wochen nach der Entscheidung des UWV, das wiederum die entscheidende Behörde ist, nicht wieder gesund wird. Wichtig ist auch, dass es offenkundig ist, dass die Arbeit nicht in angepasster Form ausgeführt werden kann und dass es keine Möglichkeiten zur Wiedereingliederung gibt.
 

c.) Entlassung wegen regelmäßiger Berufsunfähigkeit

Einem Arbeitnehmer kann auch gekündigt werden, wenn ein kurzfristiger, aber regelmäßiger krankheitsbedingter Ausfall vorliegt, der so störend ist, dass das Arbeitsverhältnis aufgelöst werden muss. In diesem Fall und genauso wie bei den folgenden Entlassungsgründen ist das Amtsgericht und nicht die UWV die zuständige Behörde.
 
Außerdem muss nachgewiesen werden, dass es sich um eine Krankheit handelt, die nicht vom Arbeitgeber "verschuldet" ist. Der Arbeitgeber muss zunächst versuchen, Anpassungen am Arbeitsplatz oder bei den Arbeitszeiten vorzunehmen, wenn dies dazu beitragen könnte, die Fehlzeiten zu reduzieren. Des Weiteren muss der Arbeitgeber einen Auflösungsantrag bei dem zuständigen Gericht vorlegen, der ein Gutachten der UWV beinhaltet.
 

d.) Entlassung wegen Funktionsstörung

Wenn sich in der Praxis herausstellt, dass ein Mitarbeiter für seine Arbeit ungeeignet ist und nicht weitergebildet werden kann, kann der Mitarbeiter entlassen werden. Diese unzureichende Eignung für die Position muss jedoch nicht unbedingt auf eine Krankheit zurückzuführen sein. Der Arbeitgeber muss belegen, dass ein Fehlverhalten seitens des Arbeitnehmers vorliegt. Darüber hinaus muss er den Arbeitnehmer frühzeitig auf das Fehlverhalten hingewiesen haben und ihm ausreichend Gelegenheit gegeben haben, seine Leistung durch Schulungen oder Weiterbildungen zu verbessern. Auch hier muss nachgewiesen werden, dass es nicht möglich ist, den Mitarbeiter an einer anderen Stelle wieder einzugliedern.
 

e.) Entlassung wegen verhaltensbedingten Handelns

Ein Arbeitnehmer kann auch gekündigt werden, wenn sein Verhalten so unverantwortlich ist, dass aus Sicht des Arbeitgebers die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht tragbar wäre. Das ansässige Bezirksgericht wäre in diesem Fall zuständig. Dieser Entlassungsgrund ist nicht derselbe wie die fristlose Entlassung, die direkt zur Entlassung ohne das Eingreifen eines Gerichts führen würde. Im Falle einer selbstverschuldeten (verhaltensbedingten) Kündigung ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer wieder einzustellen.
 

f.) Entlassung wegen Arbeitsverweigerung aus Gewissensgründen

Weigert sich ein Mitarbeiter, seine Arbeit zu verrichten, weil er unüberwindbare Einwände gegen die ihm übertragene Aufgabe hat und es absehbar ist, dass die Arbeit nicht in abgewandelter Form ausgeführt werden kann, kann diesem Arbeitnehmer gekündigt werden. Beispiele sind u.a.: die Unterstützung beim Bau eines Kernkraftwerks oder der Bau einer Straße durch Naturschutzgebiete. Prinzipiell gilt hier die Pflicht zur Umschichtung. Dieser Entlassungsgrund tritt jedoch nur sehr selten auf.
 

g.) Entlassung aufgrund eines gestörten Arbeitsverhältnisses

Regelmäßig kommt es vor, dass das Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer so gestört ist, dass die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nicht tragbar wäre. Allerdings muss der Arbeitgeber dann belegen, dass das Arbeitsverhältnis trotz aller Bemühungen z. B. durch einen Schlichtungsversuch nicht mehr wiederhergestellt werden kann.
 
Grundsätzlich sollte die Störung des Arbeitsverhältnisses nicht überwiegend auf den Arbeitgeber zurückzuführen sein. Wenn dies der Fall ist, besteht die Chance, dass das niederländische Arbeitsgericht den Antrag auf Auflösung ablehnt. Wird einem Auflösungsantrag in einem solchen Fall stattgegeben, so bekommt der Arbeitnehmer meist eine Abfindung zugesprochen. Auch in diesem Fall gilt die Pflicht zur Wiedereingliederung.
 

h.) Entlassung aus "anderen Gründen"

Der sogenannte "h-Grund" bedeutet, dass ein Arbeitnehmer aufgrund anderer als der oben genannten Umstände gekündigt werden kann. Dies müssen Umstände sein, die für den Arbeitgeber nicht zumutbar wären.
 
Dies betrifft besondere Fälle, die unter keinen der Gründe a bis g fallen. Beispiele sind
u. a. die Inhaftierung des Mitarbeiters, Komplikationen bei der Beschaffung einer Arbeitserlaubnis oder eine Meinungsverschiedenheit zwischen einem Manager und dem Arbeitgeber. Anhand dieser Beispiele ist es verständlich, dass in diesen Fällen die Pflicht zur Wiedereingliederung nicht gilt, da diese nicht anwendbar wäre.
 
Nach der Entlassung aus den oben genannten "anderen Gründen" hat der Arbeitnehmer Anspruch auf die gesetzliche Übergangsentschädigung (abgesehen von spezifischen gesetzlichen Ausnahmen). Dies gilt nicht, sollte das niederländische Arbeitsgericht der Meinung sein, dass die Entlassung auf das Verschulden des Arbeitnehmers zurückzuführen ist.

i.) Seit dem 1. Januar 2020:

Einem Auflösungsantrag wird vom niederländischen Arbeitsgericht nur stattgegeben (d.h. hinsichtlich der Gründe c bis h), wenn der Grund ausreichend ist. Mit anderen Worten: "ein bisschen schuldhaftes Handeln" oder "ein bisschen Fehlfunktion" führt nicht zur Auflösung des Arbeitsvertrages. Infolgedessen werden Auflösungsanträge sehr oft von dem Arbeitsgericht abgelehnt. Um die Kündigung ein wenig zu erleichtern, gilt ab dem 1. Januar 2020 ein zusätzlicher Kündigungsgrund: der sogenannte "i-Grund". Dies ist ein "kumulativer Grund". Das bedeutet, dass der Arbeitsvertrag auch dann aufgelöst werden kann, wenn keiner der Gründe c bis h (d.h. dies gilt nicht für die Gründe a und b) ausreicht, aber der Sachverhalt insgesamt dennoch zur Auflösung führen sollte. Dieser Grund ermöglicht also die Auflösung bei "leicht schuldhaftem Handeln" und "leicht beeinträchtigter Leistung". In einem solchen Fall kann jedoch das Arbeitsgericht dem Arbeitnehmer ein höheres Übergangsgeld zusprechen (maximal 150% des Regelentgelts).
 
In der Praxis präferieren sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer oft die Sicherheit einer Abfindungsvereinbarung. Somit umgeht man der Ungewissheit eines Verfahrens vor dem UWV oder dem Arbeitsgericht.
 
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